Uni-Tübingen

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05.05.2025

Lectura Fácil y Web Comprensible: Ein Tübinger Projekt zur digitalen Zugänglichkeit im spanischsprachigen Raum

Plenarvortrag auf dem Congreso Internacional de Investigación en Lectura Fácil, Universidad Pablo de Olavide, Sevilla. Von links nach rechts: María Xesús Bello Rivas, Óscar García Muñoz und Ana María Medina.

Der Ausgangspunkt war eher zufällig. Im Rahmen meiner Tätigkeit am Romanischen Seminar der Universität Tübingen stieß ich auf die deutschsprachige Initiative zur Leichten Sprache – ein Impuls, der sich rasch zu einem eigenständigen Projekt entwickelte. Bemerkenswert dabei: Entdeckt habe ich die Leichte Sprache nicht in einem Seminar oder Vortrag, sondern auf der offiziellen Webseite der Universität Tübingen – als konkretes Angebot für Studierende und Besucher. Genau dieser digitale Fund war der Ausgangspunkt für eine Reflexion über sprachliche Barrieren im Internet – diesmal aber mit Blick auf den spanischsprachigen Raum.

Was als akademische Neugier begann, führte zur Konzeption eines umfassenden Projekts zur Implementierung von lectura fácil – leichter Sprache – auf spanischen Webseiten. Ziel ist es, kognitive Zugänglichkeit dort strukturell zu verankern, wo bislang vor allem technische Standards im Vordergrund standen. In Spanien steht die verpflichtende Anwendung von lectura fácil kurz bevor – nicht nur für öffentliche Webseiten, sondern auch für zentrale Bereiche der digitalen Kommunikation im privaten Sektor.

Das Projekt wird in Co-Autorenschaft mit Óscar García Muñoz realisiert – dem derzeit wohl profiliertesten Experten für lectura fácil in Spanien, der maßgeblich an der Entwicklung nationaler Standards beteiligt war. Ihn für dieses Vorhaben gewinnen zu können, war nicht nur ein Glücksfall, sondern ein entscheidender Schritt, um wissenschaftliche Tiefe mit institutioneller Erfahrung und gesellschaftlicher Wirkung zu verbinden.

Im Zentrum der Forschung steht ein theoretisches Modell zur gestuften Umsetzung kognitiver Zugänglichkeit – ein Modell der tres umbrales, das drei Handlungsebenen unterscheidet: obligatorisch, empfohlen und strategisch. Abhängig von der Funktion eines digitalen Inhalts und seiner Bedeutung für die Rechte, Autonomie oder Kommunikation des Nutzers, wird ein entsprechendes Maß an sprachlicher Adaption festgelegt – von validierter lectura fácil über professionell vereinfachte Texte bis hin zu lenguaje claro (entspricht der deutschen Einfachen Sprache). Die ersten Ergebnisse werden im Juni 2025 auf der Madrider Buchmesse Feria del Libro de Madrid vorgestellt.

Das Projekt ist offen für den Vergleich. Gerade aus Deutschland – mit seiner institutionell verankerten Leichten Sprache – lassen sich wertvolle Impulse ziehen- Umgekehrt könnte das spanische Modell – mit seiner systematischen Einführung über den öffentlichen Bereich hinaus – neue Perspektiven auch für den deutschsprachigen Raum eröffnen.

Dr. María Xesús Bello Rivas, Romanisches Seminar

Kontakt:

Dr. María Xesús Bello Rivas
Romanisches Seminar der Universität Tübingen
bellorivasspam prevention@uni-tuebingen.de 
 

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